Der Vergänglichkeit gewahr werden ...
Als ich nach Hause kam stand ich auf meinem Balkon, es begann zu schneien und ich beobachtete eine große Schneeflocke, wie sie langsam durch die Luft glitt. Sie schwebte zu einem Zweig und dieser teilte sie und zwei Schneeflocken schwebten weiter zu Boden. Ich habe diesen Moment so bewusst erlebt, es war als hätte ich in dem Moment der Teilung ein inneres Geräusch gespürt.


Mein letzter Blogeintrag ist schon sehr lange her und seitdem ist viel passiert.

Clownausbildung, Studium, Theater, Leben, Liebe, Depression, ADHS, ...

Also ich vor einigen Wochen daran dachte, dass ich hier wieder schreiben möchte wusste ich nicht, wo ich überhaupt anfangen soll.
Dann kam mir der Gedanke, einfach anzufangen mit dem Gedanken, dass ich nicht weiß wie und wo ich anfange.
Dann kam der Balkon und die Schneeflocke und mir wurde klar, dass ich das gerne mit euch teilen möchte und schon hatte ich den Anfang.


Was soll die Überschrift bedeuten?

Der Vergänglichkeit gewahr werden bringt mich zum "im Moment sein".

Ich habe in meinem Leben viel Zeit damit verbracht, an der Vergangheit festzuhalten oder die Zukunft zu katastrophalisieren.
Weil ich mich vor dem Moment gefürchtet habe, weil ich nicht wusste was ich mit diesem "Moment" anfangen soll, weil ich nicht gewusst habe was ich "mit mir" anfangen soll.

"Immer wenn es gemütlich wirst, dann gehst du..."
"Warum erlauben Sie sich nicht, glücklich zu sein?"
"Diesem Kind fehlt die natürliche Fröhlichkeit."

Ich konnte nicht loslassen, nicht vertrauen und somit auch nicht genießen.

Als ich 2013 zusammbrach und die Chance bekam, neu zu starten, war ich in der Lage, dieses Geschenk anzunehmen und seit dem hat sich sehr viel verändert.

Ich verliere nie: Entweder ich gewinne oder ich lerne!"

Hört sich an wie ein Kalenderspruch, ist vermutlich auch einer, aber für mich ist er zur Realität geworden.
Gut, in manchen Situationen kann ich das nicht gleich fühlen, aber es funktioniert immer öfter.
Ich habe noch immer ab und zu depressive Einbrüche, aber ich komme da in der Regel viel schneller wieder raus als früher. Manchmal kündigen sie sich an, dann kann ich es sogar bewusst zulassen. Denn ich kenne meinen schwarzen Hund mittlerweile ziemlich gut und weiß mit ihm umzugehen. Manchmal aber kommen sie ganz plötzlich und zwingen mich für einen Moment in die Knie.
"Es geht vorbei, früher oder später geht es vorbei, auch wenn ich es jetzt nicht fühle, aber ich weiß, es geht vorbei. Denn es ist bislang immer vorbei gegangen."
Das ist mein Mantra, an dem ich mich festhalten kann, wenn ich mich fühle, als hätte ich jeden anderen Halt verloren.
Das ist übrigends nicht von mir, sondern ein gängiger Tipp für Menschen die unter Panikatacken leiden.

Jeder Moment ist vergänglich, auch eine Panikatacke.

Im Frühjahr ist ein wundervoller Mensch in mein Leben getreten.
Paradisische Zustände, wie im siebten Himmel, ich habe oftmals keine Worte dafür.
Ich war glücklich wenn er bei mir war und traurig wenn er wieder ging.
Dann war ich schon traurig, wenn er bei mir war, denn ich wusste ja, dass er wieder gehen würde.
Ich wurde wütend, weil ich gemeinsame Momente nicht genießen konnte, weil ich ja wuste, dass er wieder gehen würde und dass ich dann traurig sein würde.
Ich hatte Angst, dass er nicht wieder kommen würde.
Ich hatte Angst, dass ich dann nicht mehr glücklich sein könnte.

Seit einiger Zeit meditiere ich in einer Gruppe in einem buddhistischen Zentrum.
Kum Nye und Einsichtsmeditation.
Sich der Vergänglichkeit gewahr werden ist einer der wichtigsten Aspekte im Vipassana.
Alles kommt, alles geht.
Wenn der Geist abschweift, dann darf er das tun. Bemerke es, schaue es dir an und kehre zurück zum Atem. Werde dir der Abschweifung gewahr, werde der Vergänglichkeit der Abschweifung gewahr.

In diesem Herbst besuchte ich ein Seminar bei dem ich mich sehr viel mit mir selbst auseinandersetzen musste oder wollte, na jedefalls tat ich es und gewann die ein oder andere Erkenntnis.
Zum Beispiel: Ich bin unsagbar dankbar, dass dieser wundervolle Mensch in mein Leben getreten ist. Er hat mich in den letzten Monaten auf meinem Weg bereits so achtsam und liebevoll begleitet, dass ich dadurch viele neue Erfahrungen gemacht habe und viel näher zu mir selbst gefunden habe. Wenn ich ihn jetzt nie wieder sehen würde dann wäre ich zwar traurig darüber, aber doch trotzdem dankbar für eben all die vergangenen gemeinsamen Momente.

Aus der Vergangenheit weiß ich, dass Menschen in mein Leben treten und irgentwann wieder gehen. Mit manchen geht man ein kleines Stück zusammen, mit manchen ein längeres Stück, aber irgentwann, egal wie lange der gemeinsame Weg auch ist, irgentwann trennen sich alle Wege wieder.
Auch unsere Wege werden sich irgentwann wieder trennen.
Natürlich wünsche ich mir, dass sich unsere Wege noch nicht so bald wieder trennen, aber ich bin mir der Vergänglichkeit unserer Beziehung bewusst.

Wenn es also normal ist, dass alles kommt und alles wieder geht, dass man nichts festhalten kann, weil sich alles im Fluss befindet, warum dann also Angst vor dieser Vergänglichkeit haben?
Warum einen schönen Moment nicht genießen aus Angst davor, der Moment könnte vergehen, wenn man doch weiß, dass der Moment vergeht?!

Ich kann wirklich nicht sagen, dass ich ein Meister darin bin, der Vergänglichkeit stets gewahr zu sein, und stets 100%ig im Moment zu sein.
Aber ich bin auf einem guten Weg und dafür bin ich dankbar.
Dem Universum, vielen Menschen die mir Impulse gegeben haben, und am allermeisten mir selbst:
weil ich mich auf eine Reise begeben ohne zu wissen wohin,
weil ich helfende Hände angenommen habe,
weil ich mir die Chance gegeben habe, zu scheitern,

weil ich mir endlich nicht mehr selber im Weg stehe.




In den vergangenen Jahren sind mir in verschiedenen Lebensbereichen immer wieder „Werkzeuge“ begegnet, die mich auf meinem Weg unterstützt haben. Ich würde am liebsten die Welt umarmen und jedem von meiner Reise erzählen, ober er es hören will oder nicht, damit jeder die Chance hat, das auch zu erfahren.
Aber dann würde ich in ein altes Muster fallen das mich früher oft Schwierigkeiten gebracht hat.
Also schreibe ich jetzt endlich diesen Blog weiter und der Welt auf diese Weise von meiner Reise und all den hilfreichen Werkzeugen und hoffe, dass ab und zu mal Menschen hierherfinden die das ein oder andere Werkzeug gebrauchen können.